Nachdem ich eher spätberufen in die Ärzteschaft eingetreten bin, werden mir erheblich hohe WFF Beiträge vorgeschrieben.
Zuvor war ich in einem anderen Beruf tätig und bin seit ca. 28 Jahren Invaliditätsversichert, haben eine gute Lebensversicherung, zusätzliche Pensionsversicherung und eine private Krankenversicherung (seit meiner Geburt). Meine Privatversicherungsbeiträge sind zum einen entsprechend niedrig, da ich diese Versicherungen schon in frühen Lebensjahren abgeschlossen habe, zum anderen insofern nicht kündbar, weil ich kein Geld rausbekommen würde und ich diese Versicherungen zur Absicherung, vor allem meiner Tochter, abgeschlossen habe.

Als ich als Ärztin tätig wurde, war ich schon alleinerziehend, lebe in Niederösterreich und benötigte ein Auto um meiner Arbeit als Ärztin (Ausbildung zum Allgemeinmediziner, anschließend Assistenzarzt) nachgehen zu können.
Gleich zu Anfang habe ich einen Antrag auf Ermäßig, bzw. Befreiung der WFF Beiträge gestellt. Begründete dies damit, dass ich Miete zu bezahlen habe, nur geringe Alimente bekomme, hohe Kinderbetreuungskosten (eine Familie im Hintergrund habe ich hierfür nicht) habe und mein Arbeitsweg 147 km (Hin und zurück) beträgt und ich obendrein gut abgesichert bin aufgrund meiner privaten Versicherungen.
Dieser wurde abgelehnt mit der Begründung, das Kredit keine Begründung sind.

Interessanterweise hat zum gleichen Zeitpunkt ein männlicher Kollege, ohne Kredit, ohne Unterhaltsverpflichtungen, welcher noch zu Hause bei seinen Eltern lebte eine Ermäßigung der WFF-Beiträge erhalten. Ich habe auch dessen Antrag damals lesen dürfen, er hat keine außergewöhnlichen Ausgaben und auch keine finanziellen Schwierigkeiten.
Auf Anfrage bei der ÄK-NÖ wurde mir mitgeteilt, dass jeder Fall individuell entschieden wird.
Aus mir unerklärlichen Gründen wurde mir 2 mal der Höchstbeitrag (€945) „abgebucht“. Auf Anfrage wurde mir mitgeteilt, dass es sich um einen „internen Fehler“ handelt und ich das Geld zurück bekomme, ich jedoch auf die nächste Ausschusssitzung warten müsste und diese findet nur 1 x pro Monat statt.
Heute hat sich meine Situation eigentlich verschlimmert. Mein täglicher Arbeitsweg beträgt nun 241 km (Hin und zurück), die Kinderbetreuungskosten sind noch höher gestiegen, ab September 2018 kommen noch €300 monatliche Kosten hinzu, und durch die, ausverhandelt durch die ÄK, „Gehaltserhöhung“ bekomme ich Netto weniger raus, da sich einerseits das Finanzministerium, andererseits die Ärztekammer mit mehr Geld bedient.

Das Pendlerpauschale mit monatlich €309 ist hierbei ein Tropfen auf den heißen Stein.
Würde morgen meine Waschmaschine kaputt werden, so könnte ich mir keine neue leisten.
Mit meiner Tochter konnte ich, seit ich als Ärztin arbeite noch nie auf Urlaub fahren oder ihr etwas Außergewöhnliches bieten, einkaufen muss ich beim Billig-Discounter.
Denn die rund €300 die sich die Ärztekammer jeden Monat von meinem Lohn nimmt, fehlen an allen Ecken und Enden.

Jeder der die Entstehungsgeschichte des WFF kennt, weiß, dass sich diese Begründung mittlerweile relativiert, bzw. nicht mehr existiert, da jeder Arzt sich gegen alles Mögliche (und Unmögliche) versichern lassen kann, wenn er / sie das möchte !
Es gibt kein weiteres Land, wo Ärzte zu Zwangsversicherungen gezwungen werden.
In Deutschland gibt es eine ärztliche Rentenversicherung, jedoch ist man von der gesetzlichen befreit. In Österreich sind selbstständige (!) Juristen Privatversicherung und Pensionsversichert, jedoch von den gesetzlichen Versicherungen befreit !
Das die Ärztekammer einerseits über die Ausbildungsinhalte und Stellenplan bestimmt, der gesetzliche Vertreter der Ärzteschaft ist, gleichzeitig aber auch die Berufsberechtigung entziehen kann, ist sehr widersprüchlich.
Eine Vertretung im Sinne einer Gewerkschaft kann man, vor allem für „Ärzte in Ausbildung“ (wie man aus zahlreichen Berichten entnehmen kann, gilt dies auch für den niedergelassenen Bereich) nicht mal annähernd bestätigen.
Die Arbeitssituation ist nebenbei eine Katastrophe, da keinerlei Ausbildung stattfindet, sondern eher der Tätigkeit einer Sekretärin entspricht. Dies hat wohl weniger mit meiner Person zu tun, zumal dies bei allen KollegenInnen, auf allen Stationen und in allen mir bekannten Krankenhäusern, so ist.
Als „Arzt in Ausbildung“ hat man Null Vertretung durch die Ärztekammer, denn diese Zustände gibt es seit Jahrzehnten. Es hat sich lediglich die gesetzliche Lage verändert, jedoch wird dies zum Großteil in der Praxis nicht umgesetzt.
So müssen bei „uns“ ab 22 Uhr müssen „Ärzte in Ausbildung“ Patienten mit dem Krankenbett ins RÖ bringen. Ab 22 Uhr muss abgenommen Blut durch „Ärzte in Ausbildung“ zentrifugiert werden, da es keine Labormitarbeiter mehr gibt, somit auch keine Auswertung.
Auch müssen „Ärzte in Ausbildung“ Kontrastmittel im Röntgen anhängen, weil zu 99% kein Radiologe im Haus ist.
Venenpunktionen werden nur zu 50% erledigt ebenso das Legen von Dauerverweilkanülen.
Blut aus der A. radialis werden gar nicht durchgeführt (auf „unserer“ Internen Abteilung erhält jedoch jede Neuaufnahme eine Blutgasanalyse aus der Arterie und täglich fallen 10 – 20 Blutabnahmen aus der Arterie an).
Es werden keine Magensonden gelegt und Harnkatheder nur bei weiblichen Patienten.
Bedside-Test, sowie Blutkonserven werden selbstverständlich auch nicht verabreicht.
Auf Visite kann man nur mitgehen, wenn die „Stationsarbeit“ erledigt ist, also so gut wie nie. In meiner „Internenzeit“ bin ich maximal 5 mal auf Visite gewesen.

Was tun also die „Ärzte in Ausbildung“ ?
Patientenaufklärungen durchführen, oftmals von Untersuchungen oder Eingriffen, wo der durchführende „Arzt in Ausbildung“ nicht mehr weiß, als auf dem Aufklärungsbogen steht, geschweige jemals bei derartigen Untersuchungen anwesend waren. Termine für diverse Untersuchungen vereinbarten. Blutabnahmen (venös/arteriell), Patientenkurven vorschreiben, Briefe diktieren, und alle übrigen Erledigungen, die laut § 15 GuKG vom Pflegepersonal übernommen werden müssen.
Ich bin nun seit bald 5 Jahren in diversen Krankenhäusern tätig und es ist überall gleich schlecht.
Prof. Dr. Sezekeres (Präsident der österreichischen und Wiener Ärztekammer) argumentiert, dass die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei der Ärztekammer zu Problemen führen würde.
Auch würden die hoheitlichen Aufgaben vom Staat erfüllt werden müssen, wenn die Zwangsmitgliedschaft aufgehoben wird.

In allen benachbarten Ländern gibt es Ärztekammer-unabhängige Gewerkschaften (z.B.: Hartmannbund, Marburgerbund) für einen kleinen Jahresbeitrag und deren Standesvertretung funktioniert nachweislich sehr gut. Die Mitgliedschaft ist selbstverständlich freiwillig, dennoch waren Ende 2015 70% (118,000 von insgesamt 163.000 Ärzten) der Ärzteschaft dort freiwillige Mitglieder, rund 70.000 Ärzte sind beim Hartmannbund.
In den Skandinavischen Ländern können Ärzte freiwillig Mitglieder bei der Ärztekammer sein, was ca. 80% der Ärzteschaft in Anspruch nimmt.
In Österreich zittert die Ärztekammer, dass sie nicht genügend Mitglieder hat, wenn die Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis läuft.

Zurecht, denn die Ärztekammer(n) in Österreich bieten keinerlei Leistung für Ihre Zwangsmitglieder.
Die Mitgliedsbeiträge werden durch den Zwang gesichert.
Nach derzeitigem Stand würden sicher sehr viele Ärzte die Mitgliedschaft bei ihrer österreichischen Ärztekammer kündigen, da sie sich nicht gut vertreten fühlen und die Leistungen nicht vorhanden sind.
Würde die Ärztekammer freiwillige Mitglieder haben wollen, müsste Leistung geboten werden !
Unter Leistung versteht man unter anderem, dass eine Mailanfrage innerhalb einer angemessen Zeit beantwortet wird und nicht 3-4 Monate später.

Österreich ist bekannt dafür gerne einen aufgeblasenen Verwaltungsapparat zu führen.
Die Ärztekammer kann gegenüber der Republik damit punkten, dass sie selbstverwaltend sind, also allen Nicht-Ärzten keinen Cent kosten, da die Ärzte sich Ihren Verwaltungsapparat selbst finanzieren müssen und keinerlei Einfluss darauf haben wofür Ihr Geld ausgegeben oder verspekuliert wird.